Angel's Revolution

Romy wurde normal und fluchte laut und hörbar. "Du Arschloch", brüllte sie dem Fahrer hinterher.

Namir spürte wie Muraco neben ihm immer nervöser wurde und seine eigenen Gesichtszüge wurden immer kälter. Ess war nicht richtig Angst davor haben zu müssen nach Hause zu gehen. Doch das Leben war nun einmal nicht fair, das wusste Namir selbst sehr gut, doch er würde kämpfen bis zum letzten um es so Lebenswürdig wie Möglich zu machen und Muraco war nun einmal ein sehr wichtiger Teil seines Lebens.

Pyro aß weiter, es tat ihm gut, mal wieder etwas vernünftiges zwischen den Zähnen zu haben. Irgendwann jedoch war die Dose alle und den Rest in seinem Beutel wollte er sich fürs erste aufbewahren. "Manchmal ist das Leben doch gerecht zu mir.", freute er sich.

Romy bekam nen Anfall. "Wie soll ich denn jetzt mit dem kaputten Rad die Brötchen holen?" Sie versuchte, ihr Vorderrad gerade zu biegen, verzweifelte aber nur weiter.

Pyro sah ein Mädchen mit einem kaputten Rad, was ziemlich wütend aussah. Vorsichtig kniete er sich zu ihr und erhitzte vorsichtig die Speichen, sodass er das Rad richtig biegen konnte. Nebenbei fasste er unauffällig in ihre Tasche und zog das Geld heraus.

Romy war total sprachlos und sah dem fremden wortlos an.

Dann ließ Pyro die Speichen wieder abkühlen. "So gut wie neu.", meinte er und stand auf, wobei er das Geld mit einer flinken Handbewegung in seiner Tasche verschwinden ließ.

"Ähm. Danke. Kann ich mich irgendwie revanchieren?!" Romy stand auch auf und klopfte sich erstmal den Dreck von den Sachen.

"Oh nein, glaub mir, du musst dich nicht revanchieren." Wenn sie so viel dabei hat, wie ich denke, ist meine Versorgung für die nächsten 2 Wochen gesichert, dachte Pyro für sich. Er sah ziemlich schmutzig aus - so ein Karton war eben nicht das sauberste und bequemste Bett. "Ich muss weiter. Bis dann."

"Nein? Hm. Naja, wenn du meinst..." Romy verstand nicht, wieso er ein kleines Dankeschön von ihr nicht wollte. "Naja, danke." Sie schob ihr Rad die letzten paar Meter zur Bäckerei.

Pyro verschwand mit seinem Beutel in der Gosse, die sein Zuhause war. Er zählte Romys Geld durch und steckte es dann in die Innenbrusttasche seiner Jacke. Anschließend machte er seine Jacke ganz zu, damit nicht andere Diebe ihm das gestohlene Geld wieder abknöpfen konnten.

Romy suchte ihre Geld und fand es nicht. "Scheisse, dieser Dreckskerl hat mich beklaut...", fluchte sie. "Dieser Tag kann doch nicht noch beschissener werden." Sie schloss ihr Fahrrad ab und verschwand in einer leeren Seitenstraße, wo sie sich unauffällig in einen schwarzen streunden Hund verwandelte. Sie schnüffelte herum und nahm Pyros Fährte auf.

Pyro kroch wieder unter seinen Karton und rollte sich eng zusammen, um irgendwie Wärme zu sparen. Dabei holte er die Feuerzeuge aus seinem Beutel und machte es an, worauf eine große Flamme hervorschoss. Seine Augen leuchteten, während er die Flamme betrachtete, er sah wie ein kleines Kind an Weihnachten aus.

Romy schnüffelte weiter und verfolgte seine Spur. Nach wenigen Minuten, stand sie vor dem Karton, unter dem Pyro lag. Sie fiepte traurig und setzte ihre Mitleidsschiene auf. Rache ist süß, mein Freund!!!

Pyro sah zu dem Hund auf, ihr Blick beeindruckte ihn herzlich wenig - zumindest sah es so aus. "Hi. Bevor du so guckst, ich hab nix zu futtern, tut mir Leid. Das Leben ist eben ungerecht. Die Menschen auch.", erzählte er.

Romy kroch näher zu ihm, setzte einen richtig bemitleidenswerten Hundeblick auf und legte sich vor ihm hin. Ihr Blick sagte. "Kraul-mich-wenigstens-und-sei-nett-zu-mir..."

"Hör mal, Hundi, ich lege keinen Wert auf Gesellschaft." Pyro zerriss es im inneren fast das Herz, doch er ließ sich das nicht anmerken. "Die Leute waren immer ungerecht zu mir, ich habe keine Ahnung, was es heißt, sozial zu sein. Ich weiß nur, wie man überlebt und Hunde streicheln, gehört nicht dazu."

Traurig stand Romy auf. Sie ließ den Kopf, die Ohren und ihren Schwanz hängen. Leise fiepend ging sie die Gasse entlang, in der Hoffnung, Pyro würde das endlich beeindrucken. Ansonsten, würde sie sich etwas neues einfallen lassen um sich wenigstens ein bisschen an ihm zu rächen.

Pyro seufzte traurig. "Man muss hart bleiben.", murmelte er sich selbst zu und kroch wieder in seinen Karton. "Sonst wird man ganz schnell sozial und füttert Fremde durch." Er begann, leise zu summen, während er sein Feuerzeug wieder aufflammen ließ.

Romy war noch nicht ganz aus der Gasse draußen, da musste sie plötzlich niesen und konnte ihre Rückverwandlung in ihr eigentliches Aussehen nicht verhindern. Sie hoffte inständig, dass Pyro das nicht gesehen hatte, sonst könnte sie ihre Rache ganz vergessen.

Pyro hatte es jedoch nicht gesehen, weil er wieder ganz unter seinen Karton verkrochen hatte. Er summte wieder einmal "sein" Lied, welches im Prinzip perfekt zu ihm passte: Feuerkind von Subway to Sally. Erneut ließ er das Feuerzeug aufflammen. Es tut gut, wieder ein bisschen zu kokeln., dachte er.

"Na warte", grummelte Romy. Sie ging zurück zur Bäckerei und machte ihr Fahrrad los und radelte nach Hause. Dort angekommen, brachte sie es wieder in die Garage.
"Hast du die Brötchen?!", rief ihre Mutter, als sie Romy kommen hörte.
"Nein, ich wurde beklaut."
"Aber wie das denn?!"
Romy erzählte ihr von dem Vorfall.

Seufzend setzte Pyro sich auf und sah sich um. Was brachte sein Leben überhaupt noch? Nichts. Was würde er erreichen? Nichts und wieder nichts. Das einzige, was ihn noch am Leben festhielt, war sein Lebenswille und vielleicht eine Art Hoffnung, jedoch wusste er nicht, warum er welche haben sollte.

"Geht es dir gut?", fragte Romys Mutter besorgt.
"Ja. Ja, es geht mir gut... Ich bin in meinem Zimmer", murmelte Romy nachdenklich und ging die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer.

Pyro stand auf und begann, im Müll nach irgendetwas brauchbarem zu suchen. Der Gestank betäubte ihn fast, doch vermutlich roch er selbst auch nicht besser, also musste er nicht fürchten, später zu stinken. Das letzte Mal hatte er eine Dusche von innen gesehen, als - er wusste es nicht mehr.

Keine halbe Stunde später rannte Romy die Treppe hinunter und legte sich fast aufs Maul. "Ich bin nochmal weg", rief sie ihrer Mutter zu, bevor sie auch schon verschwunden war. Sie lief wieder zur Gasse, in der Pyro "wohnte" und beobachtete ihn heimlich. In der Zwischenzeit, verwandelte sie sich in ein niedliches kleines Katzenbaby.

Nur Pyros Hintern ragte noch aus dem Müllcontainer heraus, dann plötzlich kippte sein Schwerpunkt nach vorne und er landete mit dem Kopf vorran im Müll. Als hätte das nicht gereicht, schlug der Deckel auch noch zu, sodass Pyro im Dunkeln saß. Seufzend tauchte er aus dem Müll auf, öffnete den Container und kletterte aus dem Müll, gefunden hatte er jedoch nichts. Nur eine Bananenschale klebte auf seiner Wange.

Als Pyros Hintern aus dem Müllcontainer ragte, hätte Romy ihm am liebsten reingetreten. Sie tapste auf leisen Pfoten zu ihm und schlängelte sich traurig maunzend um seine Beine. Sie war ein ganz kleines, ziemlich dürres aussehendes Kätzchen.

Pyro setzte sich zu ihr und pflückte die Bananenschale von seiner Wange. "Hallo Kleine.", murmelte er und streckte leicht eine Hand nach ihr aus. "Du hast bestimmt Hunger. Aber ich hab nix."

Romy triumphierte innerlich. Sie tapste zu ihm und hopste auf seinen Schoß. Dann rieb sie ihr Köpfchen an seiner Brust und maunzte weiter so.

Pyro kraulte sie vorsichtig, ihm stiegen Tränen in die Augen. Noch nie hatte er von einem anderen Lebewesen eine zärtliche oder irgendwie nette Berührung gespürt. "Du bist niedlich.", murmelte er. "Nur leider bringt das einen im Leben nicht weiter."

Romy stellte sich auf die Hinterpfoten und wurde wieder zum streunenden Hund. Er fiel um. Sie knurrte ihn wütend an. "Lass dir eins gesagt sein", knurrte sie ihn an. "Wenn du mich nochmal beklaust, kommst du mir nicht so einfach davon. Dann würde ich an deiner Stelle auf deinen Hintern aufpassen, weil ich, wenn ich dich erwische, genüsslich drauf herumbeissen werde.!"

Pyro lag auf dem Rücken. "Ich... ich will doch nur essen.", murmelte er. So schnell, wie die Tränen gekommen waren, verdampften sie wieder. Ich wusste es doch... Ich darf niemandem vertrauen! Vorallem nicht irgendwelchen Viechern... Geschweige denn von Menschen. "Aber das kannst du nicht verstehen."

Romy ging von ihm runter. Sie schüttelte sich und wechselte dann in ihre normale Gestalt. Sie stand auf. "Ich hätte dir was dafür gegeben, dass du mir geholfen hast.", knurrte sie, hielt ihm aber eine Hand hin, an der er sich hätte hochziehen können.

Pyro stand von alleine auf und ging auf Sicherheitsabstand. "Als ob.", meine er. "Niemanden hat es je interessiert, ob ich genug zu essen hatte, ob ich ein festes Dach überm Kopf hatte oder ob es mir irgendwie gut ging... Dich interessiert es doch nicht, DU hast doch schließlich ein Dach überm Kopf und IMMER genug zu essen..."

Romy stemmte die Hände in die Hüften. Ihr Blick wurde nicht deutbar und da es in der Gasse recht dunkel war, leuchtete ihr linkes Auge violett und das andere eisblau. "Hör zu, ich weiß zwar nicht, was dir passiert ist oder sowas... Aber ich kann da nichts zu, und wenn du mich jetzt nicht so doof von der Seite angemacht hättest, hätte ich dir meine Hilfe angeboten..."

"Wers glaubt... Du wärst aufgestanden, zum Bäcker gegangen und hättest mich vergessen. Ich lebe schon seit 15 Jahren auf der Straße und es war noch nie anders. Außerdem hast du mich für läppische 8 € bedroht. Weißt du eigentlich, dass Du das erste lebendige Wesen warst, was mich zunächst zärtlich berührt hat?! Aber wieder einmal hast du mir gezeigt, dass man niemandem trauen darf."

"Ich hab dir gesagt, dass ich mich revanchieren will. Das war mein Taschengeld, was du dir genommen hast... Aber egal, du kannst es besser gebrauchen. Warte..." Romy kramte in ihrer Hosentasche. "Hier." Sie hielt ihm einen 5 € Schein hin. "Der Appetit auf Brötchen ist mir für heute sowieso vergangen, also kannst genauso gut du das Geld nehmen."

"Du willst mir das Geld jetzt nicht wirklich geben.", murmelte Pyro. "Das ist ein Trick." Er öffnete seine Jacke und gab ihr ihr Geld wieder. "Hier bitte, wenn es dir so wichtig ist, dass Du anderen vorspielst, nett zu sein." Er musterte sie. "Ach ja, im Übrigen stehst du gerade auf meinem Zuhause." Mit einer Hand deutete er auf den Karton, auf dem Romy stand.

"Das wollte ich nicht..." Romy ging zu ihm und drückte ihm das ganze Geld in die Hand. "Behalte es." Sie drückte seine Hand einmal kurz, wobei ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht huschte. Dann verließ sie die Gasse, wobei die kleinen Absätze ihrer Schuhe klackerten.

Pyro steckte das Geld in seine Brustinnentasche. "Danke...", murmelte er, machte seinen Karton wieder richtig und legte sich rein. Also ist sie... doch nett? Er war verwirrt und rollte sich deshalb so klein, wie er konnte, zusammen. Hm... Ich kann mir, wenn ich ein bisschen spare und im Ausverkauf gucke, einen Schal leisten...

Romy ging die Straßen entlang. Sie dachte über das alles nach. Ihre Füße trugen sie dahin, wo sie immer hinging, wenn sie nachdenken musste - zur Tanzschule. x3

Als sie vor der Haustüre standen, sah Muraco noch einmal zu Namir auf, um ein wenig Kraft zu schöpfen und betrat dann das Haus. Es war ein schönes Haus, nichts besonderes, doch das Reihenhaus mit dem niedlichen Vorgarten hatte Muraco schon von Anfang an gefallen. Mehr als einmal hatte er es schon gezeichnet oder auf Fotographien verewigt. Dennoch hatte er in diesem Augenblick unglaubliche Angst.
"Schon zurück, Muraco?", begrüßte ihn die Stimme seiner Pflegemutter. "Oh, wer ist denn das?" Sie war gerade aus der Küche gekommen und wischte sich die Hände an der Schürze ab.
"Das… ist Namir.", murmelte Muraco und sah zu Boden.
"Schön dich kennen zu lernen, Namir!", strahlte die Frau besagten an. "Sag, hast du auch genug Brötchen mitgebracht? Dann könnte er doch mit frühstücken."
"Also… Ich…", der Junge trat von einem Bein auf das andere. "Ich… Das Geld… Es wurde mir gestohlen."

Pyro überlegte. Irgendwie tat es ihm gerade leid, dass er diesen einen Jungen im Park bestohlen hatte. Seufzend zählte er das Geld durch. Es war genug, dass er es ihm zurückgeben und trotzdem genug zu essen einkaufen konnte. Langsam stand Pyro auf und machte sich auf die Suche.

"Hey Romy", begrüßten ihre Freundinnen sie direkt, als sie die Tanzschule betrat.
Romy, rang sich ein lächeln ab und hob kurz die Hand. Sie ging schnurstracks in die Umkleide der Frauen, und zu ihrem Spind. Weil sie so viel Zeit in der Tanzschule verbrachte, hatte sie ihren ganz persönlichen Spind bekommen, wo schon immer ein frisches Outfit bereit hing.

Irgendwann sah Pyro den Jungen, doch gerade, als er zu ihm rennen wollte, ihn "zufällig" anrempeln und ihm das Geld dabei in die Tasche stecken wollte, schloss sich die Tür hinter dem Jungen. "Scheiße, Scheiße, Scheiße!", fluchte Pyro ziemlich laut vor der Tür, dann überlegte er. Das Geld einfach in den Briefkasten stecken mochte er nicht, allerdings traute er sich nicht, zu klingen. Nervös biss er sich auf die Lippe und klingelte dann doch.

Als Namir das Haus betrat wurde er erst einmal von der Ordnung darin übberascht. Natürlich wusste er, dass es nicht bei jedem so aussah wie bei ihm zu Hause, dennoch war es ein kleiner Schock zu sehen wie groß die Unterrschiede zu der Wohnung seiner Mutter und ihm und diesem Haus waren.
Als Muracos Pflegemutter herrauskam nickte er ihr Stumm zu während sie ihn begrüßte. Ihm war nicht danach vorzeigejunge zu spielen, ihm war nie danach und er hatte es auch noch nie gebraucht. Außerdem war er nicht hier um sich mit der Frau anzufreunden, sondern um Muraco beistand zu leisten.

In einem Mordstempo zog sich Romy um. Ihre langen blonden Haare band sie mit einem Zopf nach hinten. Sie prüfte ihr Erscheinungsbild einmal im Spiegel und ging dann hinunter, wo die anderen schon auf sie warteten.

"Wie bitte? Wieso das denn ni-…", wollte die Frau mit gerunzelter Stirn gerade nachfragen, als es an der Tür klingelte. "Moment, das klären wir gleich." Sie schob sich an den Jungs vorbei auf die Tür zu und öffnete sie. "Ja bitte?"
Währenddessen schob Muraco seine Hände erst einmal tief in die Taschen und schloss die Augen. Sie hatte ihn zumindest noch nicht angeschrieen…

"Entschuldigung.", hechelte Pyro, er hatte seine Arme auf die Oberschenkel gestemmt und keuchte, weil er so gerannt war. "Ich wollte den Jungen, der hier gerade hineingegangen ist, sprechen... Es ist wichtig... Sehr wichtig..." Den letzten Satz flüsterte er, weil er so außer Atem war.